Frau Beckmann ist die wohl geduldigste Patientin der Welt: Klaglos lässt sie sich waschen, anziehen, verbinden und den Blutdruck messen – Dutzende Male hintereinander, bis es bei jedem mühelos klappt. Zum Glück ist Frau Beckmann kein Mensch aus Fleisch und Blut, sondern eine Ausbildungspuppe im Lauterbacher Bildungs- und Technologiezentrum für Elektro- und Informationstechnik, kurz BZL genannt. Mit ihr machen in jedem Herbst die Achtklässler der Martin-von-Tours-Schule in Neustadt Bekanntschaft: Im praxisorientierten Jahrgang 8 stehen an der Neustädter Gesamtschule stets zwei Wochen Berufsorientierung in Lauterbach auf dem Programm. In Workshops wie „Gesundheit und Pflege“ schnuppern die Jugendlichen in verschiedene Berufsfelder hinein und erwerben grundsätzliche Fertigkeiten, die ihnen oft auch im Alltag nützlich sind. Betreut werden die Praxistage schulisch von dem Fachbereich Arbeitslehre sowie den jeweiligen Klassenlehrern, aber auch andere Fachlehrer des Jahrgangs begleiten die Jugendlichen gerne nach Lauterbach und erleben ihre Schüler*innen dort stets aus einer neuen spannenden Perspektive: So manche/r hält dort zum ersten Mal einen Kochlöffel, einen Schraubenzieher oder einen Verband in der Hand und ist am Ende des Tages stolz auf das, was er geschafft hat. Im BZL werden die Gesamtschüler*innen von kompetenten Fachkräften betreut.

In diesem Jahr fanden die BZL-Workshops nach den Herbstferien aufgrund der Corona-Pandemie unter hohen Auflagen statt: So galt eine Maskenpflicht im Bus, in allen Workshops und auf dem BZL-Gelände. Gründliches Lüften der Räume, kleine Gruppengrößen, Handdesinfektion und Einhaltung der Abstandsregelungen ermöglichten es, dass die Schüler wenigstens anderthalb Wochen an den Schnupperkursen teilnehmen konnten, bis aufgrund der allgemein steigenden Inzidenzzahlen und schulischer Verordnungen auch die Praxistage frühzeitig abgebrochen werden mussten. Bis dahin erlebten die Achtklässler jedoch Einblicke in vielfältige Berufsfelder jenseits des Schulalltags – wenn auch in diesem Herbst 2020 eingeschränkter als in den Jahren zuvor: In „Gastronomie und Service“ durfte nicht gekocht und gemeinsam gegessen werden wie sonst üblich. Dafür übten die Schüler*innen, wie man einen Tisch hübsch deckt oder Servietten faltet und erfuhren einiges über Lebensmittelkunde, Hygiene sowie die Arbeitsanforderungen im Gastronomie-Bereich. In der Pflege lernten sie unter anderem häufige Krankheitsbilder kennen und wandten wesentliche Handgriffe der Pflege selbst an. Nicht zuletzt wurden sie im freundlichen und geschickten Umgang mit Patienten geschult.

Computerfans und Kreative kamen im Workshop „Mediengestaltung“ auf ihre Kosten. Sie optimierten Fotos mit Hilfe von Bildbearbeitungsprogrammen und gestalteten Werbebilder.  Handwerkliches Geschick war in der Metallverarbeitung gefragt: Dort fertigten die Jugendlichen ein Kästchen an, das sie mit nach Hause nehmen durften. Im Einzelhandel lernten die Schüler*innen das Berufsbild des Kaufmannes bzw. der Kauffrau kennen und kannten am Ende unter anderem verschiedene Handelswege und -orte sowie unterschiedliche Kaufhausarten. Zudem erlebten sie anhand praktischer Beispiele, wie wichtig Mathematikkenntnisse im Berufsalltag sind.

Im Kurs Elektrotechnik bauten die Schüler*innen selbst einen Stromkreislauf auf, was zu einem sehr praxisnahen physikalischen Verständnis mit Erfolgserlebnis führte.

„Mir haben die Praxistage sehr gut gefallen“, erklärt ein Achtklässler. „Ich weiß jetzt noch stärker, was mich interessiert und welche berufliche Richtung für mich in Frage kommen könnte.“ Ein anderer ergänzt: „In der Schule geht es oft eher theoretisch zu – da ist es eine gute Abwechslung, auch mal was Praktisches zu machen! Und selbst wenn die vorgestellten Berufe nicht für mich in Frage kommen: Ich habe trotzdem viel Nützliches gelernt.“